Grill mit Thrill
Wenn ein interessantes vegetarisches Grillrezept gründlich danebengeht, gelüstet auch mich als strenger Vegetarierin mal nach was „Anständigem“. Dann der Versuchung zu widerstehen, ist hart, vor allem, wenn nebendran Spieß und Kotelett auf dem Grillrost lagern.
Mit Feuereifer hatte ich mich auf die Zubereitung des gegrillten Spitzkohls mit scharfen Brotkrumen und Pecorino gestürzt, doch schon die Zutatenliste ließ mich misstrauisch die Brauen in die Höhe ziehen:
Für die Schärfe der Brotkrumen sollten 125 ml Tabasco verantwortlich sein. 125 Milliliter! Damit könnte man unser Neuhofen tagelang außer Gefecht setzen. Zum Vergleich: Eine haushaltsübliche Flasche Tabasco enthält 57 ml. Außerdem war 1 EL Olivenöl vorgesehen. Der tauchte in der Zubereitungsanleitung allerdings gar nicht mehr auf; die üppige Menge Tabasco hingegen reduzierte sich wie von Zauberhand auf 4 TL. Was nachvollziehbar war.
Der Kohl sollte vor dem Grillen 3 Minuten blanchiert werden sollen. Da er sich dann auf dem Grill beharrlich weigerte, weicher zu werden, hätte es womöglich DREISSIG Minuten heißen sollen. Sehr wahrscheinlich hatte der Rezeptschreiber eine noch stärker ausgeprägte Dyskalkulie als ich.
Wir haben‘s mit Humor genommen, ich aß Halloumi und habe das ganze Kohlgedöns anderntags in den Ofen geschoben und 30 Minuten gebacken, denn ich wollte es wissen. Danach waren zumindest die beiden kleinsten Kohlhälften genießbar. Doch es wurde nach wie vor kein Gaumenschmaus.
Was mich mehr ärgert, ist die Vorstellung, wenn Nicht-Vegetarier so ein Rezept in die Hände bekommen. Und sie dann beschließen: „Heute grillen wir mal vegetarisch!“
Geht das so gründlich schief, landen beim nächsten Mal unweigerlich wieder Teile vom Tier auf dem Grill. Ich habe mir zwei Szenarien dazu ausgedacht:
Zoé und Jan-Philipp, 8 Jahre alt:
Zoe erzählt mit immer noch tränenerstickter Stimme: „Wir haben extra auf unsere Grillwürstchen verzichtet, und Papa auf sein gewohntes Steak. Was waren wir enttäuscht! Philip hat sogar ein bisschen geweint.
Zum Glück hatte Mutti noch Würstchen im Eisfach gefunden und einen Hallodri, oder wie der heißt, der Käse, der beim Kauen so quietscht. Der komische Kohl war sooooo eklig!“
Hans-Jörg K. aus Waldsee: Totaler Imageverlust
„Wir wollten mal einen vegetarischen Grillabend veranstalten. Das war natürlich die Idee meiner Frau, aber ich habe mich drauf eingelassen. Das Ganze war ein ziemlicher Kalter –
die Männer murrten, die Frauen träumten insgeheim von gegrilltem Lachs und zarten Putenbrüstchen. Das Ende vom Lied war, dass wir den Pizzadienst geholt haben. Und was fast noch schlimmer ist: Mein Image als Grillmeister hat empfindlich gelitten!“