Handeln mit Herz
Auf einem Markt in Thailand war ich einmal ganz scharf auf einen Anhänger. Er zeigte eine vielarmige Gottheit und war aus einfachem Metall, also nicht viel wert. Aber eben hübsch. Ich fragte den Händler, wie viel er für ihn haben wolle, und er nannte mir seinen Preis („good pli, madam!“) Ich war anderer Ansicht, nannte meine Vorstellung, und so ging es eine Weile hin und her. Wir wurden uns nicht handelseinig. Also wandte ich mich zum Gehen, da mir ein weiteres Feilschen nicht zielführend erschien. Ich war ein paar Schritte gegangen, da zupfte es an meinem Ärmel. Der Händler hielt mir den Schmuck unter die Nase und sagte: „Plesent“. Ich war perplex und hätte ihm am liebsten doch etwas Geld dafür gegeben. Ich tat es nicht. Dafür war ich den ganzen Tag im Hochgefühl. So etwas erlebt man ja nicht alle Tage.
An diese Geschichte wurde ich erinnert, als ich kürzlich das Buch „Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche“ von Alina Bronsky las. Ein wunderbares Buch übrigens. Dort heißt es, als Großmutter Rosalinda ihrer Enkelin Aminat ein Kätzchen auf dem Tiermarkt kaufen will: „‘Hier‘, sagte er und steckte Aminat das graue Fellknäuel in die Hände. ‚Sollst du haben. Umsonst.‘“ Vorausgegangen war diesem Schenkungsakt ein zwei Buchseiten langes Verhandeln.
Ich muss gestehen: Dieses Handelsgebaren kann ich nicht ganz nachvollziehen. Aber es gefällt mir. Es hat Herz.
In Deutschland habe ich es anders erlebt, und es gefällt mir weit weniger. Da bekam ich schon zu hören: „Mir doch egal, wenn Ihnen der Preis zu hoch ist. Dann nehm‘ ich‘s eben wieder mit.“ Und einmal wurde ein Teller, dessen Preis ich nicht zahlen wollte, vor meinen Augen zerdeppert. Nee, dann doch lieber Handeln mit Herz.