In So isses aufm Dorf, Sprache

DSGVO: Überflüssig wie ein Kropf oder längst überfällig?

Den Schutz der Daten unserer Mitmenschen, mit denen wir elektronisch kommunizieren, soll sie regeln, die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Schon lange gibt es ein deutsches Gesetz dazu; die DSGVO soll nun EU-weit gelten, und wer bis 25. Mai 2018 keine Datenschutzerklärung auf seiner Website hat, die informiert, wie mit den Daten der virtuellen Besucher verfahren wird, bekommt Ärger. So weit, so gut.

Darüber könnte man erst einmal ins Schwärmen geraten. Keine unangeforderten Newsletter mehr! Denn mit der Bestellung von x beim Anbieter y  hatte man auf einmal – zack – einen Newsletter an der Backe. Das soll künftig vermieden werden.

Und wäre es nicht schön, dann auch mal wieder unbeschadet an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können? Das mache ich nämlich schon lange nicht mehr. Denn anstatt eines Gewinns trudeln bloß kilo- bzw. kilobyteweise Werbebriefe ein. Weil: Mit Angabe der persönlichen Daten, um den Gewinn einheimsen zu können, gibt man dem Ausrichter des Gewinnspiels und seinen Partnern die Erlaubnis zur Nutzung der Daten. Das wird sich leider nicht ändern. Ich leite daraus ab: Ich darf Daten sammeln, wie ich lustig bin, und ich darf auch damit machen, was ich will. Ich muss es nur vorher sagen. In meiner Datenschutzerklärung. Eine der Anforderungen daran: Sie muss eine extra Seite auf der Web-Präsenz erhalten und „verständlich“ verfasst sein.

Das 88 Seiten starke Machwerk zur DSGVO selbst ist es indes nicht. Geschrieben in bestem Beamtendeutsch, enthält es einiges, was besonders unter uns KleinunternehmerInnen heftig diskutiert wird. Dazu zählt:

„Künftig dürfe unter keiner geschäftlichen Mail der Hinweis fehlen, der Datenspeicherung widersprechen zu können – einer von zahlreichen Punkten, die es zu beachten gilt.“ (Zitat Website DPRG).

Ganz ehrlich: Wenn mir ein Dienstleister bei jeder Mail kundtäte, er würde meine Daten sofort auf meinen Wunsch hin löschen, bekäme ich das Gefühl, er hätte mich nicht mehr lieb. Da würde ich mich ähnlich belämmert fühlen wie einst, als mich eine ehemalige Freundin auf xing anschrieb, sie wolle unsere Bekanntschaft (!) löschen.

Vielleicht gilt diese Pflicht in ferner Zukunft auch im postalischen Schriftverkehr? Dann müsste ich unter jeden handgeschriebenen Brief (ja, ich schreibe gelegentlich Briefe und Karten) hinzufügen: „Und PS, liebe Tante Sophie: Sofern Du es wünschst, werde ich Deine Postanschrift und Deine Geburtsdaten jederzeit aus meinem Adressbuch raus tipp-exen.“

Die würde nicht schlecht staunen, die Tante Sophie.

Mein Rechner erledigt das übrigens auch ganz von alleine. Nach meinem letzten SSD-Karten-Crash (fragen Sie mich nicht, was eine SSD-Karte ist; ich weiß nur, dass sie 90 Euro wert ist), war mein Mail-Programm weg. Weg waren auch alle Adressen. Unwiderbringlich. Nun sammle ich wieder Adressen von Leuten, mit denen ich regelmäßig Kontakt habe, in mein online-Adressbuch. Oder müsste ich sie jetzt auch erst einmal vorher fragen …?

Im Grunde erscheint mir diese Verordnung wie eine zusätzliche Einnahmequelle für Anwälte und IT-Fachleute. Letztere, weil ich deren Hilfe bräuchte, um die gespeicherten Daten überhaupt zu finden und zu extrahieren. Denn ich kann nicht aus der Lamäng sagen, wo mein Rechner, mein Webhoster oder das Universum die Daten meiner Kontakte speichert. Und ich will es eigentlich auch gar nicht wissen. Bisher hatte er nur IP-Adressen gespeichert, und die sagen mir eh nix. Neuerdings erhebe aber auch ich persönliche Daten. Nämlich über mein Kontaktformular, das niemand nutzt, und die Kommentarfunktion im Blog, die nur selten und auch nur nach gutem Zureden in Anspruch genommen wird. Und zwar von Leuten, die ich kenne und deren Adresse ich sowieso schon habe.

Für Anwälte ist die Sache ohnehin ein fetter Brocken. Sie können gleich doppelt absahnen: Einmal bei der Beratung und Erstellung eines Datenschutztextes. Und dann noch einmal bei denjenigen, die nicht gut beraten wurden oder gar beratungsresistent waren, mit einer Abmahnung. Der Teufel scheißt halt immer auf den größten Haufen.

(Bildgrundlage von Pixabay)

Kommentare

  1. Antworten

    Danke, dass Du Dich schon mal ausführlich mit dem leidigen Thema befasst hast. Ich finde es mühsam, muss aber wohl auch mal dringend das Thema ergreifen, wenngleich ich eines weiß: es wird mir nicht die täglichen 25 nervigen, ungefragten E-Mails mit Versicherungstipps oder sonstigem Mist vom Hals halten, die so tun als könnte man sie abbestellen und wenn man es versucht, kommen noch mal 20 mehr. Stattdessen wird mir wahrscheinlich jeder, den mein Blog nervt, das Leben schwer machen können, weil ich eine Klausel übersehen habe …
    lg vom Nachbarblog 🙂

    1. Danke für Deinen Kommentar, Imke! Ja, wir müssen uns Gedanken machen – gleichzeitig spammen uns andere mit ihren Angeboten voll – und in den letzten Wochen noch mal richtig gehäuft. Vielleicht hat das ja bald ein Ende?
      Hoffnungsvolle Grüße
      Kathrin

      Das Nachbarblog ist übrigens nur einen Klick entfernt und lesenswert: http://altripblog.de/

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