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Überforderung im Sportgeschäft

Wer meint, Sport sei anstrengend, der irrt. Sport ist ein Spaziergang gegen das, was VOR dem Sport kommt: Es ist die Beschaffung der entsprechenden Kleidung.

Besucht man nämlich ein bekanntes großes Geschäft für Sportbekleidung und Zubehör, bricht einem bereits beim Marsch durch die kilometerlangen Gänge der Schweiß aus. Da wird dem Bewegungswilligen – in meinem Beispiel soll es ums Wandern gehen – einiges abverlangt. Als Allererstes muss er sich entscheiden, ob er denn Anfänger, fortgeschritten oder Profi ist. Für jeden Trainingszustand gibt es die entsprechende Kleidung. Nicht auszudenken, wenn ich als Fortgeschrittene in Anfängerklamotten daherkäme. Oder umgekehrt. Ein geschultes Auge erkennt das sofort!

Es gilt also, zunächst in den inneren Dialog zu treten und dabei ganz aufrichtig zu sein. Doch woran mache ich das jetzt fest? Herzfrequenz, jährliche Wanderleistung, Trittsicherheit nach dem Konsum mehrerer Weinschorlen – ein fürs Pfalzwandern sehr wichtiges Kriterium?

Erst in sich gehen, dann weit sehen.

Hat man sich an dieser ersten Wegkreuzung, mal ganz bildlich gesprochen, entschieden, liegt schon der nächste Felsbrocken im Weg. Ich muss mich nämlich fragen, was ich wirklich möchte: Wandern, trekken, walken oder einfach nur spazieren gehen. Auch die Witterungsgegebenheiten wollen bedacht sein: Wie ist der Boden beschaffen (arid, humid), wie hoch der Steigungsgrad, wie wird das Wetter, usw., usf. Das Zubehör will ebenfalls bedachtsam ausgewählt werden. Nehmen wir als Beispiel allein die EINLEGESOHLEN, mit denen ich meine Wander-, Trekking-, Walking- oder Spazierschuhe versehen könnte. Sie tragen wohlklingende Namen wie Einlegesohlen Dämpfung, Einlegesohlen Wandern, Einlegesohlen Walk, Einlegesohlen Ironman, Einlegesohlen Volumenreduktion, Einlegesohlen Hike, Einlegesohlen Outdoor (na, im Zimmer werde ich nicht wandern), … In ähnlich vielgestaltiger Ausprägung kommen auch die Wandersocken daher. Ich sehe ein, dass ich welche für Hitze, Kälte und Nässe brauche.

Doch nun ist eingekauft, das Tragen der Tüten mit Kleidung und Zubehör trainiert schon mal die Armmuskulatur, und eines schönen Sonntags wird beschlossen, am Haardtrand zu wandern. Da ich Raum für Spontaneität lassen will, packe ich nicht nur die Wanderstiefel ein. Vielleicht möchte ich ja Trekking machen, also müssen auch die Trekkingsandalen mit. Oder es überkommt mich doch eher die Lust zum Walken? Kein Problem – die Walkingschuhe sind schnell eingepackt. Dazu die passenden Stöcke, denn der Weg könnte unvermutet ansteigen und wäre dann nur mit Bergstöcken zu meistern. Fast überflüssig zu erwähnen, dass ich an Einlegesohlen und Socken ebenfalls eine gute Auswahl dabei habe.

Es ist zwar ein klarer sonniger Tag, doch was ist, wenn ein Windchen aufkommt oder ein Regenguss mich überraschen will? Sicher tue ich gut daran, sowohl die winddichte und auch die regenabweisende Jacke einzupacken. Wohlweislich habe ich auch zwei Fleece-Jacken dabei: eine für schweißtreibende Aktivitäten mit hoher Absorptionskraft, und eine leichtere.

Nasse Füße? Nicht mit dem richtigen Schuhwerk.

Dasselbe gilt für die Kopfbedeckung. Sonneneinstrahlung an offenen Stellen, zum Beispiel oberhalb eines Wingerts, ist ja nicht gut für den Deez. Ach ja, und die Hosen! Das muss ernst genommen werden – schließlich ist bei so einem Ausflug per pedes nicht einfach Jacke wie Hose! Also brauche ich sowohl luftige Beinbekleidung als auch etwas aus dichter gewebtem Stoff, falls es fiese Brombeerranken oder Brennnesseln auf meine Beine abgesehen haben. Das Fernglas hänge ich mir um, vielleicht springt ja ein Rehlein munter die Böschung hoch, und falls es später wird, ist eine Stirnlampe sicher ebenfalls nicht verkehrt.

Schlussendlich wiegt mein Rucksack stolze 20, gefühlte 30 Kilo. Wie gut, dass es zu einer meiner Lieblingsweinstuben nur etwa 200 Meter vom Wanderparkplatz ist. Dorthin komme ich trockenen Fußes, muss mich nicht umziehen, und an der frischen Luft bin ich auch. Prost!

Kommentare

  1. Antworten

    Sehr humorvoll geschrieben, erinnert mich an frühere Ausflüge, als die Kinder noch klein waren.

    Bin schon gespannt auf deinen nächsten Beitrag.

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