Gendern – aber richtig!
Achtung, Satire! Eins vorweg: Ich finde Gendern richtig und wichtig, und die Anrede „Kolleginnen und Kollegen“ sollte so selbstverständlich wie „meine Damen und Herren“ sein. Ein Über-Gendern allerdings macht die Sprache kompliziert und schwerfällig. Da setze ich jetzt noch einen drauf.
Anfang des Jahres beschloss der Bürgermeister von Hannover, nur noch sprachneutrale Begriffe zu verwenden. Damit will er alle, die sich weder männlich noch weiblich fühlen, ansprechen. Wie werden sich die Hannoveraner Schnecken darüber freuen …! Endlich werden sie berücksichtigt.
Ebenfalls gender-neutral gibt sich die Universität München. Wenn ich allerdings Ausdrücke wie „die Person“ oder „der Lehrkörper“ lese, bekomme ich ob dieses Rückschritts in die Beamtensprachbarbarei Ausschlag auf der Großhirnrinde.
Unlängst habe ich gelesen: „XYZ empfiehlt, auf den oder die Gegenüber zuzugehen.“ Die Gegenüber. Ja, daran werden wir uns gewöhnen müssen.
Im online-Wörterbuch „geschickt gendern“ gibt es einen Ersetzungsvorschlag für das Ampelmännchen: „Ampelmenschlein“. Ich habe „Alpenschleim“ gelesen …
Wollen wir noch ein Stück weiter gehen? Schauen wir doch mal, wie empfänglich unsere Sprache für gender-gerechte Veränderungen ist. Dazu sehen wir uns am besten bei den anderen europäischen Sprachen um.
So gibt es bei den slavischen Sprachen oder auch im Französischen ein weibliches Partizip Perfekt. Also, wenn das die Macho-Jugos können … dann wir im Lande Alice Schwarzers erst recht. Folglich könnte ich im Perfekt sagen: „Ich habe gesehene“. Aber das klingt zu sehr nach Pizzabäcker („In funf Minute fertige“). Wie wäre es damit, das weibliche Suffix „-ine“ anzuhängen: gegangenine, verfolgtine, vollgefressenine.
A propos Italienisch: Tatsächlich existiert in dieser Sprache für die Höflichkeitsform im Plural (die gemeinerweise auch anders ist als im Singular) noch die Unterteilung in Geschlechter. Es macht also einen Unterschied, ob ich zwei Frauen oder zwei Männer anspreche. Doch wir wollen ja nicht übertreiben.
Aber. Für eine weitere sprachliche Kennzeichnung der Geschlechter lohnt ein Blick nach Slovenien. Dort gibt es als dritten Numerus den Dual. Adjektive und Substantive sowie Verben besitzen demnach eigene Formen, sobald genau zwei Leute im Spiel sind. Dies wäre auf die weibliche Form im Deutschen zu übertragen, und zwar wie folgt: „Da gehenette zweiin Frauen„, respektive im Perfekt: „Da sind zweiin Frauen gegangenettenine“ (doppelt genäht hält besser). Vorhang auf also für den Femal, pardon, die Female.
Doch ich kann jetzt herumspintisieren, so viel ich will. Die beste Satire ist immer noch die Realität! So bin ich in meinem Texterinnen-Netzwerk auf wunderbare Gender-Stilblüten gestoßen: Einer Kollegin war die Wortschöpfung „Krankenschwester*innen“ begegnet. Eine andere war einst als Schlosserin auf Wanderschaft gewesen und dabei mit „Zimmermannsfrauburschin“ tituliert worden. Ein weiteres Beispiel datiert aus den 50-er Jahren. Da hieß es in der Ansprache zu einem Schützenfest: „Liebe Schützenbrüder und Schützenbrüderinnen!“ Das müssen echte Gender-Pioniere und -innen gewesen sein.
Sprache spiegelt ja unsere Haltung und Denkweise wider. Da sind wir momentan noch etwas verkrampft. Schießen auch oft übers Ziel hinaus. Lasst uns also locker bleiben, Ladies – wir sind bereits auf dem Weg zu einer gender-sensiblen Sprache (https://blog.zeit.de/glashaus/2018/02/07/gendern-schreibweise-geschlecht-maenner-frauen-ansprache/) mit Formen und Ausdrücken, die kreativ, funktional, sprachökonomisch und ästhetisch sind. Das wird!
Kommentare
Ich arbeite in einem stark weiblich dominierten Umfeld: Ärztinnen, Krankenschwestern. Alle Generationen.
Meine Partnerin ist voll berufstätig und Mutter. Meine weibliche Familie ebfs. allesamt vollkommen selbstbestimmt berufstätig.
Fast keine von denen gendert, fast alle sind maximal genervt davon.
Sie haben zu tun.